[ Trochtelfingen, 12. Februar 2019 ] Trockenheit und Hitze haben im letzten Jahr auch die Durum-Landwirte in Deutschland begleitet. Dass diese Bedingungen, wie sie normalerweise in Südeuropa herrschen, nicht immer ideal für den deutschen Hartweizen sind, war eine Erkenntnis, die so manchen Teilnehmer überrascht hat.
Verlässliche Menge und Qualität
„Einmal mehr zeigte sich, dass die Verteilung des Anbaus über mehrere Gebiete die einzige und beste Möglichkeit ist, zuverlässig gute Durum-Qualität zu bekommen“, sagte Oliver Freidler von der Alb-Gold Geschäftsleitung in seiner Begrüßung. Etwa die Hälfte der mehr als einhundert Vertragslandwirte waren zum Erfahrungsaustausch nach Trochtelfingen gekommen. Auf einer Fläche von 1542 Hektar - vom Hochrhein bis nach Thüringen – wurden 2018 mehr als 8000 Tonnen Ertrag für die Spätzle- und Nudelproduktion eingefahren. Bereits seit fünf Jahren beschäftigt sich das Familienunternehmen mit dem Hartweizenanbau in Deutschland. „Für uns ist der direkte Einkauf der Rohstoffe sehr wichtig um die Qualitätsparameter und auch die Quantität in den eigenen Händen zu haben. Nur durch den direkten Bezug von den Landwirten haben wir die Möglichkeit Einfluss zu nehmen“, so Oliver Freidler. Für den zukunftsorientierten Betrieb sind die langfristigen Partnerschaften und diese Art der Beschaffung eine wichtige Säule in der Nachhaltigkeitsstrategie.
Klimawandel als Chance
Hubertus Kißler, der Leiter des Rohwareneinkaufs bei der Mannheimer Mühle in der Alb-Gold seinen komplette deutsche Durum vermahlen lässt, zeigte zunächst auf, dass der Anteil an Hartweizen an der weltweiten Weizenproduktion nur vier Prozent ausmacht. Mit fast neun Millionen Tonnen Ernteertrag liegt die Europäische Union an der Spitze der Erzeuger. In ganz Deutschland werden davon nur rund 140.000 Tonnen produziert – mehr als dreißig Mal weniger als in Italien.
Bereits am 27. Juni rollte der erste Lastwagen mit deutschem Durum zur Annahme auf den Hof. So früh wie in diesem Jahr ist dies in der Karriere von Kißler noch nie geschehen. Bislang war Anfang Juli ein früher Termin für die Ernte. Sind das die Auswirkungen des Klimawandels? Die Hitze und große Trockenheit wirkte sich leider nicht nur positiv auf die Kornqualität aus. Eine geringe Ausbeute und auch ein erhöhter Anteil an Bruchkorn waren die Folge. Dafür war der Eiweißgehalt und Kleberanteil sehr hoch, was sich positiv auf die Bissfestigkeit der Teigwaren auswirkt. Kißler warb bei den Landwirten dafür, sich noch stärker im Hartweizenanbau zu engagieren. Die Chancen sind seiner Meinung nach sehr gut. Der Temperaturanstieg wirkt sich grundsätzlich positiv auf die Kultivierung des Getreides aus. Die Regionalität, gute<link www.uni-hohenheim.de/uploads/media/OEkobilanz_Hartweizen_Paper.pdf - - "Studie Uni Hohenheim zur CO2 Bilanz"> CO2-Bilanz</link> und neue Sorten durch bessere Züchtung sprechen für den Anbau. Und auch der Bedarf von Durum für Nudeln, Backwaren oder auch Süßspeisen wächst weiter an.
Was macht die Wissenschaft
Unterschiedliche Bodenqualitäten, besondere klimatische Bedingungen und häufiger auftretende Wetterextreme sind Herausforderungen, denen sich alle Partner im Rahmen des Hartweizenprojekts stellen müssen. Wie man diesen im Einklang mit ökonomischen und ökologischen Aspekten begegnen kann, erläuterte Anika Dickel. Die Ernährungswissenschaftlerin von Alb-Gold untersucht gemeinsam mit der Universität Hohenheim die Qualitätsparameter des Hartweizens, welche die Nudelqualität maßgeblich beeinflussen.Hierzu wurde im Sommer der sogenannte<link www.alb-gold.de/nc/aktuelles/news/detail/gelbe-farbe-und-biss-der-nudel-stark-von-angebauter-sorte-beeinflusst.html _blank - "Pressemeldung Pasta-Marathon"> Pasta-Marathon</link> gestartet, bei dem 50 Nudelmuster verkostet und bewertet werden mussten. Dass zwischen den einzelnen Hartweizensorten tatsächlich sehr deutliche sensorische Unterschiede auftraten, verblüffte das Team. Und als Fazit blieb am Ende stehen, dass die meisten Standard-Laborparameter keinen deutlichen Zusammenhang mit der sensorischen Nudelqualität aufweisen. Es wurde klar, dass weitere Forschung in diesem Bereich notwendig ist.
Artenvielfalt fördern
Abschließend stellten Kerstin Fröhle von der <link www.bodensee-stiftung.org _blank - "Link Bodensee-Stiftung">Bodensee-Stiftung</link> und Antonia Schraml vom <link www.ifab-mannheim.de/institut.html _blank - "Link IFAB">Institut für Agrarökologie und Biodiversität</link> noch erste Ergebnisse des Projekts Biodiversitätsförderung im Hartweizenanbau vor. Die stichprobenartigen Feldbesuche haben gezeigt, dass die meisten Landschaften bereits reich strukturiert sind. Hecken, Bäume, Gräben und Waldränder bilden bereits einen sehr vielfältigen Lebensraum. Um die Vielfalt in die Fläche zu bekommen, sollen nun mehrjährige Blühstreifen und extensive Ackerflächen angelegt werden. Diese vor allem um Ackerwildkräuter und Lebensraum für Feldhasen- und -vögel sowie Kleinlebewesen zu fördern.
Nach den Fachvorträgen und einem intensiven und selbstverständlich auch kontroversen Austausch zwischen allen Partnern, ging es am frühen Mittag für die Landwirte wieder nach Hause. Im Gepäck hatte sie je nach Bedarf neue Feldschilder, Nudeln aus ihrem eigenen Hartweizen und vor allem das gute Gefühl, dass man ihre Arbeit wertschätzt und ihre Belange ernst genommen werden. Mit dieser Motivation werden sie auch in diesem Jahr allen Unwegsamkeiten ein Schnippchen schlagen, um besten Durum für schwäbische Spätzle und Nudeln zu erzeugen.